CDU-Kreistagsfraktion Osnabrück

„Wir müssen uns beim RWE-Engagement nichts vorwerfen“

Die 2,1 Millionen RWE-Aktien des Landkreises haben in den vergangenen fünf Jahren 53 Millionen Euro an Wert verloren. Davon hätte der Landkreis zehn Mal die IGS Bramsche kaufen oder zehn neue Windenergieanlagen bauen können. Lässt Sie das noch ruhig schlafen?
In den letzten fünf Jahren hat keine der vielen Kommunen, die RWE-Aktien halten, ihre Aktien verkauft. Verluste sind erst dann realisiert, wenn man die Aktien verkauft hat. Das haben wir nicht getan. Es ist normal, dass Aktien im Wert schwanken. Ich glaube, dass man deswegen trotzdem noch ruhig schlafen kann. Man muss gucken, ob das Unternehmen insgesamt noch eine Perspektive hat. Wenn man diese Frage mit ja beantwortet, dann kann man auch weiterhin bei RWE engagiert bleiben. Über diese Frage diskutieren wir permanent. Wenn wir sie irgendwann mit nein beantworten würden, müssten wir das Aktienpaket verkaufen. Momentan sehen wir die Perspektive noch positiv. Selbst wenn man die Dividende abziehen würde, die der Kreis seit 2011 eingenommen hat, bliebe bei den RWE-Aktien immer noch ein Verlust von 43 Millionen Euro in dieser Legislaturperiode. Warum haben Sie als größte Fraktion im Kreistag nicht den Verkauf gefordert? Weil wir bislang immer davon überzeugt waren, dass es Sinn macht, diese Beteiligung zu halten. Wir haben sie vor Jahrzehnten geerbt und sind nicht bewusst eingestiegen. Ein Ausstieg wäre auch vor dem Hintergrund schwierig, dass RWE im Landkreis ein großer Player ist, was die Netze angeht. Da geht es um viele Arbeitsplätze. Es ist gut, dass wir noch dabei sind. Ein Thema, das uns bewegt, ist der Dividendenausfall. Wenn das auf Dauer so bleiben sollte, wäre das schon negativ für uns. Insgesamt müssen wir uns beim RWE-Engagement nichts vorwerfen. Unterm Strich haben wir davon profitiert. Sie haben mit den RWE-Aktien in dieser Legislaturperiode 43 Millionen Euro Verlust gemacht. Wie kommen Sie dazu, dass Sie profitiert haben? Es ist immer die Frage, welche Zeiträume man betrachtet. Davon muss man sich trennen. Es kann genauso gut sein, dass wir heute aussteigen und uns in fünf Jahren ärgern, weil die Aktien dann doppelt so viel wert sind. Als die RWE-Aktie vor einem Jahr noch bei 21 Euro lag und das RWE-Aktienpaket des Landkreises einen Gesamtwert von 45 Millionen Euro hatte, sagten Sie, dass Sie sofort verkaufen, wenn die RWE-Aktie unter 20 Euro fällt. Heute ist die Aktie etwa halb so viel wert. Warum haben Sie die 2,1 Millionen RWE-Aktien des Landkreises nicht wie angekündigt verkauft? Ich glaube, dass ein Ausstieg damals sinnvoll gewesen wäre. Sie sind dann aber nicht langsam von 20 Euro auf zehn Euro gefallen, sondern ziemlich schnell. So schnell konnte man gar nicht reagieren. Sie wissen, dass wir bei RWE nicht so einfach rausgehen können. Es sind Fristen zu beachten. Da gab es keinen Punkt mehr, dass man hätte sagen können, jetzt können wir verkaufen. Das hat nicht funktioniert. Mittlerweile macht es auch keinen Sinn mehr, auf diesem tiefen Niveau auszusteigen. Generell eignen sich Aktien einer Kommune nicht, um zu spekulieren. ( Weiterlesen: Bäumer will RWE-Aktien verkaufen, wenn sie unter 20 Euro fallen ) Wie wollen Sie in der kommenden Legislaturperiode mit den RWE-Aktien umgehen. Werden Sie sie auch weitere fünf Jahre halten – egal, wie sich der Aktienkurs entwickelt und egal, ob die Dividende gestrichen wird? Die RWE-Aktien haben immer dazu gedient, über die Dividende die Beteiligungsgesellschaft des Landkreises (Bevos) zu finanzieren. Ein Dividendenausfall war nicht vorgesehen. Das ist unbefriedigend. Ich kann aber nicht beantworten, ob wir die Aktien in fünf Jahren noch haben werden. Das hängt von der unternehmerischen Perspektive von RWE ab. Sie hatten im November 2015 eine Stellungnahme vom Landrat gefordert, ob der Landkreis seine Aktien verkaufen soll. In welcher Weise spielt eine Rolle, was der Landrat vom Verkauf hält, wenn letztlich doch der Kreistag darüber entscheidet? Die politische Entscheidung dazu fällt der Kreistag, aber politische Entscheidungen werden vorbereitet, und das ist Aufgabe der Verwaltung. Insofern muss auch eine Verwaltung eine Meinung dazu haben. Diese kann man sicherlich im Dialog entwickeln, aber von denen, die sich hauptberuflich beim Landkreis um diese Themen kümmern, erwarte ich, dass sie zu diesem Thema eine Meinung haben und uns empfehlen, ob wir die Aktien halten oder verkaufen sollen. Auch Sie haben im Januar 2016 gesagt, dass Sie sich Windpark-Anteile statt RWE-Aktien vorstellen können. Wie haben Sie dieses Ausstiegsszenario seither weiterentwickelt? Vor vier Jahren gab es mal die Überlegung, dass im Landkreis 100 Windkraftanlagen aufgestellt werden. Das ganze sollte über Beteiligungsgesellschaften des Landkreises realisiert werden. Diese Aussage hat vor Ort dazu geführt, dass die Menschen sich gedacht haben, wenn der Landkreis das kann, dann können wir das auch selbst. Wir wollten verhindern, dass fremde Investoren die Windkraftanlagen aufstellen. Das ist gelungen. Jetzt werden über die Energos des Landkreises deutlich weniger Anlagen realisiert. Insofern glaube ich nicht, dass wir dafür die RWE-Aktien verkaufen müssen. Bei dem aktuellen Zinsniveau ist es ohnehin sinnvoll, sich das Geld von der Bank zu holen. Wenn man das ganze RWE-Geld in Windkraftanlagen steckt, hat das nichts mit Risikostreuung zu tun und das Geld ist für 20 Jahre gebunden. Könnten Sie sich ähnlich wie SPD, Grüne und FDP einen Verkauf der Aktien ab einem gewissen Kursniveau vorstellen? Man kann sich höchstens intern vornehmen, dass man für sich selbst eine Marke definiert bis zum Kurs x, aber danach habe ich dann keine Lust mehr. Da muss es dann immer auch die Möglichkeit geben, dass man sagt, die sind drunter, aber das ist völlig politisch. Manchmal steigen sie und manchmal fallen sie gegen den Trend. War die Nordkreis-IGS in Bramsche trotz der hohen Kosten ein Erfolg? Ja, aber genau wird man das in der Rückbetrachtung in fünf oder zehn Jahren sagen können. Es gab in der Tat in dem Bereich den Wunsch der Eltern nach einer IGS. Den haben wir auch wegen der Zusammenarbeit mit der SPD realisiert. Ob wir es ohne Koalition unbedingt gemacht hätten, weiß ich nicht. Da wäre die Motivation, diese umzusetzen, wahrscheinlich nicht so hoch gewesen. Zumal es in Bramsche mit der Haupt- und Realschule erfolgreiche Systeme gegeben hat. Sicherlich hätte man beim Kaufpreis nicht die letzten Euro ausreizen müssen, sodass das für den Landkreis sehr teuer geworden ist. Aber das war das Ergebnis der Verhandlungen zweier Partner. Was haben Sie aus den Fehlern bezüglich des fünf Millionen Euro teuren Ankaufs des Bramscher Realschulgebäudes für eine eventuelle neue Südkreis-IGS gelernt? Von Fehlern würde ich nicht reden. Künftig werden wir die Frage stellen müssen: Macht es Sinn, dass der Landkreis sich in einzelnen Bereichen engagiert und in anderen Bereichen die Kommunen die Kosten für die Schulen tragen? Bevor wir über weitere Gesamtschulen diskutieren, werden wir diese Fragen beantworten müssen. Wäre eine neue Südkreis-IGS überhaupt zu finanzieren? Die Grundsatzfrage ist, wie sich eine neue IGS auf bestehende Schulstandorte auswirkt. Es kann nicht sein, dass einzelne Orte die Trägerschaft für ihre Schule an den Landkreis abgeben, während andere Orte ihre Schulen immer noch selber bezahlen. Das ist im Südkreis dramatisch anders als im Nordkreis. Im Nordkreis gibt es relativ große Kommunen, im Südkreis gibt es kleine Kommunen wie Bad Rothenfelde oder Glandorf mit etwa 7000 Einwohnern. Bad Rothenfelde hat keine weiterführende Schule, Glandorf und Bad Laer halten aber eine vor. Und wenn dann diese kleinen Kommunen auf der einen Seite für eine Landkreis-IGS mitbezahlen und ihre eigene Schule auch noch finanzieren, dann kriegen wir eine gewaltige Schieflage. Vor der Einrichtung von weiteren Gesamtschulen in Trägerschaft des Landkreises muss man die Frage beantworten, wo eine Schulträgerschaft sinnvoll aufgehoben ist. Wo könnte eine Südkreis-IGS sinnvollerweise entstehen? Ich wiederhole mich: Erst muss geklärt werden, wie sich eine neue IGS auf bestehende Schulstandorte auswirken würde. Wenn Hilter miterleben müsste, dass der Landkreis eine IGS in Dissen einrichtet, Hilter diese IGS über die Kreisumlage mitfinanziert und selber sieht, wie seine eigene Oberschule schließen muss, dann hätte das mit Gerechtigkeit nichts mehr zu tun. In der nächsten Wahlperiode müssen wir diese Frage sauber beantworten, damit alle das Gefühl haben, dass es im Landkreis gerecht zugeht. Was halten Sie von dem Modell, dass jede Kommune für ihre Schule verantwortlich ist? Bis auf die überörtlichen Schulen wie Gymnasien oder Gesamtschulen ist das ja aktuell der Fall. Alternativ zum aktuellen System könnte man darüber diskutieren, ob der Landkreis wieder alles übernimmt. Beides hat Vor- und Nachteile. Wenn wir alles an den Landkreis übergeben, müssten wir natürlich die Kreisumlage erhöhen. Wenn die Schule vor Ort ist, ist die Identifikation mit der Schule größer und man kämpft für den Erhalt. Wenn wir alles an den Landkreis abgeben, dann hätte ich große Sorge, dass es irgendwann mal Verwaltungsangestellte gibt, die an ihrem Schreibtisch die Frage stellen, wieso haben wir eigentlich so viele Schulen, können wir nicht Schulen zusammenlegen? Eine Sicherheit für die Schule vor Ort gibt es daher eher, wenn die Trägerschaft bei der örtlichen Kommune ist. Was halten Sie von einer gemeinsamen Schulträgerschaft für die Berufsbildenden Schulen in Stadt und Landkreis? Ich glaube, dass unsere Berufsbildenden Schulen auf einem super Stand sind. Ich höre manchmal, dass die städtischen Berufsbildenden Schulen da noch einen gewissen Nachholbedarf haben. Das nun alles in eine gemeinsame Trägerschaft zu packen, könnte dazu führen, dass man mit Landkreis-Geld die städtischen Schulen aufwertet. Da muss man immer aufpassen, dass man da keine Fehler macht. Zudem müssen wir aufpassen, dass die Berufsbildenden Schulen in Bersenbrück und Melle erfolgreich weiterlaufen. Diese Betrachtung wird aus städtischer Sicht nicht angestellt. Warum hat sich der Kreistag nicht mit dem IHK-Positionspapier zur Region befasst? Wir haben alle das IHK-Papier intensiv gelesen. Eine Region lehnen wir als CDU weiterhin ab, weil es uns um regionale und lokale Identität geht. Dennoch sind wir weiterhin dafür, dass wir intensiv zusammenarbeiten. So sehe ich auch den Auftrag der IHK, dass man sich Gedanken macht, wo man besser zusammenarbeiten kann. Dafür müssen wir uns im Kreistag aber nicht damit beschäftigen. Es reicht, wenn die Verwaltung uns Vorschläge macht. Bei der Kommunalwahl 2011 haben Sie mit der CDU 43,7 Prozent der Stimmen erreicht. Wieviel Prozent sind dieses Mal Ihr Ziel? Das Ziel ist, dass wir mehr als 44 Prozent schaffen. Das letzte Wahlergebnis war von Fukushima und anderen Eindrücken getrübt. Deshalb wollen wir mehr erreichen als bei der letzten Wahl. Wir haben die meiste Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg entweder alleine oder gemeinsam mit der FDP und UWG regieren können. Die letzten fünf Jahre mit der SPD waren insofern eine Ausnahme. Wir wollen auf jeden Fall wieder stärkste Kraft sein und gemeinsam mit Partnern wie FDP und UWG Politik gestalten.